Wie ein Schlummertrunk zur 30-jährigen Erfolgsgeschichte von Art on Ice führte

Art on Ice 1996: v.l.n.r. Reto Caviezel, Denise Biellmann, Oliver Höner, Simon Estes
Ein überforderter Polizist, zu wenig Parkplätze und ein Verkehrschaos vor der Eishalle in Küsnacht ZH: Das grosse Verkehrsaufkommen galt der Gala «Eiskunstlauf der Weltklasse», die von Reto Caviezel, einem Medienprofi, und Oliver Höner, dem elffachen Schweizer Meister im Eiskunstlauf, damals 26 und 29 Jahre alt, am 11. Januar 1995 organisiert wurde. Ein paar Monate später, bei einem Schlummertrunk in einer Zürcher Bar im Niederdorf entstand dann die zündende Idee, Eiskunstlauf und Live-Musik in einer Show zu kombinieren. Etwas, das es in dieser Art und Weise bisher noch nirgendwo auf der Welt gegeben hatte. Was somit als Schnapsidee begann, endete ein Jahr nach der Gala in Küsnacht mit der Premiere von Art on Ice im Zürcher Hallenstadion. Es war eine Show, die ein unvergleichliches Zusammenspiel von sportlicher Höchstleistung und musikalischer Live-Darbietung präsentierte, voller Emotionen. 6500 Leute kamen und wollten die Performances von Schweizer Meister Oliver Höner und der Weltmeisterin Denise Biellmann zusammen mit dem Gast-Star, dem Musiker Simon Estes, live erleben.
30 Jahre später sind für Art on Ice 2026 fünf Shows in Zürich, zwei in Fribourg und zwei in Davos geplant, mit über 75’000 erwarteten Besucher:innen. In dieser Zeit hat Art on Ice viele Höhen und Tiefen erlebt: Von ausverkauften Hallen bis zur Bewältigung von Herausforderungen wie Finanzkrisen, Pandemien und dem Ausfall eines Starmusikers.
Reto Caviezel und Oliver Höner packen auch heute noch tatkräftig an, um dem Publikum ein unvergessliches Erlebnis zu garantieren. Im Interview blickt Oliver Höner auf die 30-jährige Erfolgsgeschichte zurück.


Im Interview mit Oliver Höner
Oliver, im Februar 2026 findet die 30. Ausgabe von Art on Ice statt. Ein Jubiläum das gefeiert werden muss. Was hat dich vor 30ig Jahren dazu bewegt, Art on Ice zu gründen bzw. den Testversuch in Küsnacht zu starten?
Vor 30 Jahren fand in Küsnacht eine Show statt, die man als Testversuch bezeichnen könnte, auch wenn ich damals noch gar nicht an Art on Ice dachte. Zu dieser Zeit war ich häufig im Ausland unterwegs, mit Tourneen in Skandinavien, Deutschland und Amerika. Das inspirierte mich im Sinne von «Was die können, kann ich auch». Internationale Stars sollten die Möglichkeit haben, in die Schweiz zu kommen und gemeinsam mit mir eine grossartige Show auf die Beine zu stellen. So entstand «Eiskunstlaufen der Weltklasse». In Küsnacht konnte ich auf meine damaligen Kollegen zurückgreifen, die glücklicherweise auch Europa- und Weltmeister waren. Das war der Beginn dieser gesamten Geschichte. Es war einfach und rudimentär, aber der Erfolg gab uns damals Recht.
Die Eishalle in Küsnacht war ausverkauft, und es kam zu turbulenten Szenen, da es keine nummerierten Sitzplätze gab. Nicht alle Zuschauer konnten die Show richtig sehen, da die Sichtlinien nicht berücksichtigt wurden. Das war ein Prozess des Learning-by-Doing. Deshalb war klar, dass wir für die nächste Show eine bessere Halle benötigten, die beheizt war und mehr Komfort bot als die Eishalle in Küsnacht. Das Hallenstadion war ideal, jedoch war der Sprung von Küsnacht in die grösste Eventhalle der Schweiz für uns enorm. Dabei kam mir die Idee, die gesamte Show mit Livemusik zu kombinieren, um ein grösseres Publikum zu erreichen als nur die Eislauffans. Wir versuchten etwas, das es weltweit so noch nicht gab. Ähnliche Shows wie in Küsnacht hatte es schon gegeben, aber Art on Ice war der Startschuss für etwas völlig Neues: Eine Show in der nicht nur das Eiskunstlaufen im Vordergrund stand, sondern vor allem das Entertainment, die Kombination aus Musik, Sport und Tanz. Ich glaube, das war entscheidend, um schnell Fuss zu fassen und viel Erfolg zu feiern.

Art on Ice 2000: Vanessa Mae
«Art on Ice war dann ein Startschuss für etwas komplett Neues, in dem nicht das Eiskunstlauf alleine im Vordergrund steht, sondern vor allem die Show, das Entertainment, die Kombination aus Musik, Sport und Tanz.»
Auf welche Show oder besondere Momente bist du besonders stolz? Warum?
Ich bin persönlich auf jede Show sehr stolz. Mein Team und ich haben stets unser Bestes gegeben, um aus jeder Show, jedem Konzept und jeder musikalischen Konstellation das Beste herauszuholen.
Es gab besondere Momente, auf die ich besonders stolz bin. Ein Beispiel dafür ist, als Roger Hodgson zusammen mit seiner ehemaligen Band Supertramp in meiner Show auftrat. Über Monate hinweg habe ich daran gearbeitet, beide Seiten zu überzeugen, und schliesslich traten sie wieder gemeinsam auf der Art on Ice-Bühne auf. Es war jedoch nur ein einmaliger Auftritt, da sie danach nicht wieder zusammenfanden und die Band getrennte Wege ging. Mein Wunsch war, dass Supertramp wieder als vollständige Band auf Tour gehen würde. So bleibt Art on Ice eine Ausnahme. Diese Momente sind wirklich besonders. Es gibt sicherlich noch weitere Beispiele, aber dieser gehört für mich zu den magischen Momenten und ist einzigartig.
Welche waren die grössten Herausforderungen, die ihr in diesen Jahren erlebt habt? Wie habt ihr sie gemeistert?
Das Produkt immer weiterzuentwickeln und das über 30 Jahre spannend zu behalten, ist wohl die grösste Herausforderung. Normalerweise hat ein Produkt nach 20-25 Jahren das Ablaufdatum erreicht und kann dann nicht mehr weiterverfolgt werden. Von dem her gesehen sind wir schon sehr stolz, dass wir jetzt bereits 30 Jahre auf dem Buckel haben.
Neben der Produktweiterentwicklung besteht die Herausforderung darin, immer wieder ein neues Publikum zu finden, ein Publikum, das Art on Ice neu entdeckt und die Barriere des Gedankens «Eiskunstlauf interessiert mich nicht» überwindet. Das entspricht rund 95 % unseres Publikums, das wir zunächst erreichen müssen, um zu zeigen, dass nicht nur Eiskunstlauf, sondern auch Musik, Tanz, Akrobatik und Licht die zentralen Elemente unserer Show sind. Eiskunstlauf ist eine sehr emotionale und gleichzeitig spannende Komponente, und die Kombination mit Live-Musik ist äusserst attraktiv für die Zuschauer, selbst wenn sie keine Vorkenntnisse im Eiskunstlauf haben.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, den Leuten zu zeigen, dass Eiskunstlaufen zwar eine alte Sportart ist, aber keineswegs überholt. Auch diese Sportart entwickelt sich weiter, was wir bei Art on Ice eindrucksvoll demonstrieren. Inzwischen haben wir einen sehr bekannten Namen und gehören zu den Schweizer Marken mit hoher Wiedererkennung. Um das zu erreichen, mussten wir jedoch viel Arbeit investieren, damit wir heute fünf bis sechs Mal das Hallenstadion füllen können. Das ist etwas, das keine andere Show in dieser Form schafft.
Wir sind dankbar für unsere grosse Fanbase, ziehen jedoch regelmässig neue Zuschauer an, denn nach 30 Jahren sind nicht mehr dieselben dabei, die bei der ersten Show dabei waren.
Oliver Höner, Gründer Art on Ice
Oliver Höner ist einer der beiden Gründer, CEO und Produzent von Art on Ice.
Zwischen 1979 und 1991 errang er elf Schweizer Meistertitel im Eiskunstlauf und legte durch diese Leidenschaft und Expertise den Grundstein für die Art on Ice Show. Auch heute ist er mit seinem Know-how als Showproduzent von Art on Ice unentbehrlich.
Wie hat sich Eiskunstlauf im Laufe der Jahre in der Schweiz entwickelt? Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf Art on Ice?
Ich glaube, es ist wichtig, dass das Eiskunstlaufen in einem Land einen gewissen Stellenwert hat. Auch wenn Eiskunstlauf hierzulande nicht so exotisch wie in anderen Ländern ist, hat es dennoch nicht den Status einer Hauptsportart, wie beispielsweise in Japan, Amerika, Kanada oder Russland. Die Sportart erhält hier grössere Beachtung, wenn die Schweizer Athleten Erfolge erzielen. Zu Beginn von Art on Ice war das für uns besonders wichtig: Wir hatten Denise Biellmann, Stéphane Lambiel und Sarah Meier.
Nun blicken wir in die Zukunft und fördern eine neue Generation mit Talenten wie Lukas Britschgi und Kimmy Repond. Es ist wichtig, dass wir diese jungen Talente unterstützen, damit sie eines Tages zu den besten Eiskunstläufern der Welt gehören. Darüber hinaus haben wir auch internationale Eiskunstlaufstars wie Jevgeni Plushenko präsentiert, dessen Name nach wie vor in den Köpfen der Menschen verankert ist, da er ein wahrer Superstar war. Wir benötigen solche Persönlichkeiten, sowohl internationale als auch Schweizer, um die Show zu prägen. Denn nicht nur bekannten Figuren auf der Bühne, sondern auch starke Vertreter im Eiskunstlauf sind wichtig für die Show.
Wie hat sich Art on Ice im Laufe der Jahre weiterentwickelt? Welche Veränderungen sind euch besonders wichtig?
Art on Ice hat sich definitiv weiterentwickelt. Der Unterschied zwischen der ersten und der letzten Show ist immens. Sie haben kaum noch Gemeinsamkeiten, ausser zwei wesentliche Komponenten: Livemusik und Eiskunstlauf. Diese Kombination ist geblieben, während sich alles andere verändert hat. Der Umgang mit der Livemusik hat sich gewandelt, mit neuen Arrangements und einer Vielzahl von Künstlern aus Pop, Rock und Klassik.
Besonders wichtig ist, dass wir zusätzliche Ebenen eingeführt haben. Anstatt nur ein Eiskunstläufer oder ein Paar auf dem Eis zu zeigen, präsentieren wir mehrere Eiskunstläufer, die harmonische Nummern miteinander performen, ergänzt durch Tänzer auf der Bühne und Akrobaten, sowohl mit als auch ohne Schlittschuhe. Diese verschiedenen Ebenen und Schichten haben das Entertainmentpaket entscheidend bereichert, sodass wir von einem eins-zu-eins Auftritt zu einem umfassenden Entertainmentpaket und Show-Erlebnis übergegangen sind.
Wie wichtig ist das Feedback unseres Publikums? Und inwiefern beeinflusst das Publikum euere Planung für zukünftige Shows?
Wir nehmen das Feedback des Publikums sehr ernst und analysieren es sorgfältig. Oft erhalten wir direktes Feedback von loyalen Besuchern, das für uns wertvoller ist als Beschwerden von wenigen, die sich an Details stören. Es ist wichtig, nicht aufgrund dieser Einzelmeinungen Änderungen vorzunehmen, sondern fokussiert an der Weiterentwicklung der Show zu arbeiten und sie attraktiv zu gestalten.
Für die Entwicklung der Show müssen wir zeitgemäss bleiben. Natürlich macht man sich nicht immer Freunde. Wir hören auf das Publikum, wissen aber auch, in welche Richtung wir uns bewegen müssen. Oft bemerkt das Publikum erst später, dass unsere Entscheidungen den richtigen Weg geebnet haben. Ein Beispiel: Als wir damals die verschiedenen Layer in die Show eingeführt haben, gab es Kritik, dass Art on Ice nicht mehr nur Eiskunstlauf mit Musik in ihrer einfachen Form ist. Doch diese Stimmen sind inzwischen verschwunden, denn es ist wichtig, über das Eins-zu-Eins hinauszugehen. Wir schätzen das Feedback, schauen jedoch, dass es uns nicht zu stark beeinflusst. Ich glaube, wir spüren auch, in welche Richtung wir die Show in den kommenden Jahren entwickeln müssen.

Art on Ice 2002: Gotthard Frontsänger Steve Lee †
Was bedeutet Art on Ice für dich persönlich? Wie hat es dein Leben beeinflusst?
Als Gründer bedeutet mir Art on Ice unglaublich viel. Es ist ein wesentlicher Teil meines Lebens, nicht nur wegen der Bedeutung, sondern auch wegen den vielen Stunden, die ich täglich in Art on Ice investiere.
Art on Ice ist auch die erste Show, die ich entwickelt habe, und wird immer mein persönlicher Favorit bleiben. Sie wird mich auch bis zum Ende meiner Karriere begleiten. Hätte ich es damals nicht ins Leben gerufen, wäre mein Leben wohl ganz anders verlaufen. Ich bin dankbar, dass ich eine Show entwickeln konnte, die den Nerv der Zeit und den Geschmack des Publikums getroffen hat. Hätte ich drei Jahre früher oder später begonnen, wäre es vielleicht nicht erfolgreich gewesen. Ich habe mich zur richtigen Zeit behauptet, trotz vieler Stimmen, die sagten, ich bräuchte mehr Zeit als nur zwei Monate, um die Show in Küsnacht auf die Beine zu stellen oder, dass das Hallenstadion eine Nummer zu gross sei und dass die Idee nicht funktioniere. Es gab zahlreiche Herausforderungen, doch ich habe an meiner Vision festgehalten, trotz den negativen Stimmen. Diese Entschlossenheit hat mir letztendlich den Weg ins Hallenstadion geebnet. Es war also sehr wichtig, dranzubleiben und das Produkt in kurzer Zeit auf die Beine zu stellen.
Wenn du auf die letzten 30ig Jahre zurückschaut, gibt es etwas, das ihr anders gemacht hättet?
Es ist schwierig, das genau zu sagen. Bei vielem frage ich mich, ob alternative Entscheidungen wirklich das Endresultat verändert hätten. Natürlich haben wir ab und zu Fehlentscheidungen getroffen, aber mir fällt aktuell nichts ein, was die Entwicklung von Art on Ice entscheidend beeinflusst hätte. Ich bereue eigentlich nichts und würde vieles wieder genauso machen. Es ist wichtig, mutig zu bleiben und gelegentlich auch Risiken einzugehen, anstatt nur dem Mainstream zu folgen. Viele dieser gewagten Entscheidungen waren letztendlich sehr erfolgreich. Ich könnte sicher tausend Dinge nennen, die ich vielleicht besser oder anders hätte machen können, aber letztendlich gab es keine Fehlentscheidungen, die das Produkt geschwächt oder in eine andere Richtung verändert hätten.
Wie stellst du dir die Zukunft von Art on Ice in den nächsten 30 Jahren vor?
Entscheiden für die Zukunft von Art on Ice ist, dass wir unserer DNA treu bleiben. Die Stärke unseres Produkts liegt in der Vielzahl an Möglichkeiten, die uns erlauben, verschiedene Genres spannend neu zu gestalten, ohne unsere Identität zu verlieren. Ich vergleiche das gern mit dem Komponieren von Musik. Obwohl viele Songs ähnlich aufgebaut sind, sind sie dennoch musikalisch sehr unterschiedlich. Die endlosen Kombinationen von Tönen führen zu Tausende von neuen Melodien pro Jahr, und diese kreativen Möglichkeiten haben wir ebenfalls. Wir können mit den grössten Talenten aus jedem Bereich zusammenarbeiten und jährlich neue Musik, Choreografien und Inszenierungen präsentieren. Während viele Shows immer wieder gleichbleiben, bietet Art on Ice jedes Jahr etwas Neues und das ist für unsere nächsten 30 Jahre essenziell.

Art on Ice 2011: Katherine Jenkins
Was habt ihr für die Jubiläumsshow geplant? Kannst du bereits einen kleinen Einblick geben?
Für die Jubiläumsshow haben wir bereits Ideen, möchte jedoch noch nicht näher darauf eingehen, da sie noch ausgearbeitet und überprüft werden müssen. Wichtig ist, dass wir keine Jubiläumsshow planen, für die man danach sagt: «Jetzt haben sie einen rausgelassen.» Jedes Jahr geben wir alles. Wir wollen keine grosse Show alle 5 bis 10 Jahre, sondern überzeugen jedes Jahr neu.
In bestimmten Bereichen werden wir uns vielleicht etwas mehr leisten, wo wir in den vergangenen Jahren zurückhaltender waren, aber die Jubiläumsshow wird nicht einfach eine Überfliegershow sein. Wir haben kontinuierlich bewiesen, dass wir uns neu erfinden und stets mit hoher Qualität arbeiten. Wir setzen konsequent auf Qualität in allen Bereichen, ob Technik, Eisläufer, Tänzer, Akrobaten oder Sänger. Wir haben uns von der Auswahl Stars entfernt und legen jetzt mehr Wert auf talentierte Künstler, die das Publikum wirklich begeistern können. Dies ist ein wichtiger Faktor für die Zukunft von Art on Ice. Dabei müssen wir zum Teil Kompromisse eingehen und hoffen, dass das Publikum unsere Vision versteht und die gesteigerte Qualität in jedem Bereich schätzt.
Art on Ice 2026
Vom 26. Februar bis 7. März 2026 feiert Art on Ice ihr 30-jähriges Bestehen. Für die Stars auf dem Eis ist ein Auftritt bei Art on Ice ein absolutes Highlight. Es bedeutet, Teil der Art on Ice Familie zu sein und ihre beste Performance vor einem begeisterten Publikum zu zeigen, ohne den Druck des Wettkampfs. Freude, Spass, Kreativität und das gemeinsame Erlebnis stehen hier im Vordergrund und machen Art on Ice zu einem einzigartigen Ereignis.

Margrith Scherrer ist Marketing Managerin und sorgt dafür, dass die Welt weiss, wann es wieder Zeit ist für Art on Ice! Im Sommer liebt sie Outdoor-Sport und im Winter hat sie dank Art on Ice die perfekte Ausrede, um nicht auf die Skipiste gehen zu müssen.